Eigentum*
Eigentum bezeichnet ein rechtliches oder normatives Verhältnis
von Personen oder Institutionen zu einem oder mehreren Objekten
im Sinne eines Verfügungsrechtes.
Eigentum und Besitz werden sprachlich oft gleichgesetzt, sind
jedoch im juristischen Kontext streng von einander zu unterscheiden.
So kann ein Gegenstand sich vorübergehend im Besitz einer
anderen Person als des Eigentümers befinden.
Der Begriff Eigentum wird nur dann gebraucht, wenn es eine
Population oder Gesellschaft mit ausgeprägter Besitz-Aufteilung
gibt. Den früheren Inuit-Populationen war beispielsweise
der Begriff des Eigentums unbekannt.
Siehe auch: Die Grundlagen der Eigentumstheorie
Inhaltsverzeichnis
1 Rechtliche Situation in Deutschland
1.1 Definition im Sinne der Rechtsprechung
1.2 Verfassungsrecht
1.3 Privatrecht
2 Rechtslage in Österreich
2.1 Privatrecht
2.1.1 Eigentumserwerb
2.2 Eigentum als geschütztes Rechtsgut
2.2.1 Verfassung
2.2.2 Strafrecht
3 Das Wesen des Eigentums
4 Geistiges Eigentum
5 Kennzeichnung
6 Weblinks
Rechtliche Situation in Deutschland
Definition im Sinne der Rechtsprechung
Dem umgangsprachlichen Verständnis von Eigentum zielt
zumeist auf ein zivilrechtliches Verständnis. Eigentum
ist im Sinne des deutschen Zivilrechts (insbesondere des Sachenrechts)
das umfassende Recht an einer Sache. Es wird auch als dingliches
Vollrecht bezeichnet. Der Eigentümer darf nach Belieben
mit seinem Eigentum verfahren und andere von jeder Einwirkung
ausschließen, soweit nicht Rechte Dritter oder Gesetze
dagegen stehen, § 903 BGB. Vom Besitz ist dabei das Eigentum
scharf zu unterscheiden. Eigentum beschreibt die rechtliche
Herrschaft über eine Sache, Besitztum die tatsächliche.
So kann ein Eigentümer eine Sache verleihen und die Person
an welche die Sache verliehen wurde, ist der Besitzer der
Sache. Der Dieb einer Sache ist immer nur Besitzer und niemals
Eigentümer.
Verfassungsrecht
Privateigentum ist durch Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes
als Institut garantiert. Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 werden
Inhalt und Schranken des Eigentums durch die Gesetze bestimmt,
wobei es umstritten ist, ob ein historischer oder naturrechtlicher
Eigentumsbegriff (wie er sich in § 903 BGB wiederfindet)
als Leitlinie dienen darf. Eigentum im verfassungsrechtlichen
Sinne ist jedenfalls nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
jedes vermögenswerte Recht.
Damit es obliegt grundsätzlich dem Gesetzgeber zu definieren,
was solche vermögenswerte Rechte sind. Neben dem Eigentum
an Sachen (s.o.) fallen hierunter auch Forderungen, Ansprüche
aus der Sozialversicherung und in bestimmten Fällen auch
der Besitz. Dem Eigentumsbegriff liegt dabei nicht die privatrechtliche
Ordnung, sondern die Gesamtheit aller Normen zu Grunde, d.h.
auch die Normen des Öffentlichen Rechts sind bei der
Eigentumsbestimmung heranzuziehen. Die Definition von Eigentum
im Sinne des Art. 14 GG geht über den privatrechtlichen
Begriff hinaus (siehe oben) und beschränkt ihn zugleich.
Die Nutzung eines Grundstückes kann beispielsweise durch
das Nachbarschaftsrecht oder durch die Bauvorschriften eines
Bebauungsplanes beschränkt sein. Ein anderes Beispiel
dafür ist, dass der Eigentümer eines Kunstwerkes
durch das Urheberrecht daran gehindert ist, dieses Kunstwerk
zu verändern, wenn er nicht gleichzeitig der Inhaber
des Urheberrechtes ist; er darf es aber verkaufen.
Bei der Ausgestaltung eigentumsrelevanter Normen ist der
Gesetzgeber verpflichtet, einen verhältnismäßigen
Ausgleich zwischen der grundsätzlich gewährleisteten
Privatnützigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 1
GG) und der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs.
2 GG: "Eigentum verpflichtet, sein Gebrauch soll zugleich
dem Wohle der Allgemeinheit dienen.") herzustellen. Die
Sozialpflichtigkeit begründet jedoch keine individuelle
Verpflichtung des einzelnen Eigentümers. Die Inhalts-
und Schrankenbestimmungen müssen dabei jedoch immer einen
gewissen Kernbereich an Normen gewährleisten, sonst würde
gegen die Eigentumsgarantie verstoßen. Eigentumsrechte
dürfen nicht so stark entzogen werden, dass nur noch
eine bloße Hülle bleibt. Zu diesem Kernbestand
zählt eine generelle Verfügungsbefugnis, die Gewährleistung
der Substanz und ein gewisses Maß an privatem Nutzen.
Dennoch wäre es irreführend, aus der Gewährleistung
des Eigentums in Artikel 14 Abs. 1 S. 1 GG auf eine umfassende
Freiheit des Eigentums zu schließen, auch wenn die Eigentumsgewährleistung
den Eigentümer schützt, sein Eigentum nicht nur
schlicht zu behalten, sondern grundsätzlich auch es zu
verwenden, zu verbrauchen und zu veräußern (vergleiche
Jarass/Pieroth, GG, Auflage 1997, Art. 14 Rn. 13).
Davon abzugrenzen die die Enteignung nach Art. 14 Abs. 3
S. 1 GG ("Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit
zulässig"). Eigentum kann also auch vollständig
entzogen werden. Eine Enteignung ist vor allem bei der Verwirklichung
staatlicher Bauvorhaben und Planungen relevant. Zuvor müssen
aber alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft worden
sein (sog. Subsidiaritätsprinzip). Zudem muss eine eigentumsentziehende
Maßnahme immer entschädigt werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem umstrittenen Urteil
auch den Zugriff auf das Eigentum über eine Vermögenssteuer
praktisch ausgeschlossen: Vermögenssteuer und Einkommenssteuer
zusammen dürfen nicht mehr als 50% der Erträge aus
dem Vermögen ausmachen. Dadurch sind nicht nur die bestehenden
Vermögensverhältnisse, sondern auch die zunehmende
Konzentration des Vermögens (Kapitalakkumulation) verfassungsrechtlich
geschützt. Dagegen wird eingewandt, dass eine solche
Rechtsprechung der wirtschaftspolitischen Neutralität
des Grundgesetzes widerspreche.
Privatrecht
Die Übertragung von Eigentum vollzieht sich durch die
Übereignung. Soweit Eigentum an einer Sache nicht (mehr)
besteht, kann das Eigentum (erneut) durch Aneignung erworben
werden. Weitere Erwerbstatbestände sind die Ersitzung
und die Verbindung.
Eigentum an einer Sache kann auch in Form von Miteigentum
nach Bruchteilen (Bruchteilseigentum) oder zur gesamten Hand
(Gesamthandseigentum) auf mehrere Personen aufgeteilt sein.
Ferner bestehen das Sicherungseigentum (auch Treuhandseigentum),
das vorbehaltene Eigentum und das Wohnungseigentum. Eine Staffelung
des Eigentums nach einer hierarchischen Gliederung ("Über-
und Untereigentum") wie beim Besitz ist nicht möglich.
Im österreichischen Privatrecht ist das Eigentum durch
die Eigentumsklage (rei vindicatio) und die Eigentumsfreiheitsklage
(actio negatoria) geschützt. Dem entsprechen im deutschen
Recht, das formal nicht auf die römischrechtlichen Klagearten,
sondern auf die materiellrechtlichen Ansprüche abstellt,
der Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den Besitzer,
der kein Recht zum Besitz hat, nach § 985 BGB sowie die
Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nach 1004 BGB.
Siehe auch: Allmende, sog. Geistiges Eigentum, Gemeineigentum,
Immaterielle Monopolrechte
Rechtslage in Österreich
Privatrecht
Das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch definiert das Eigentum:
im objektiven Sinn als "alles, was jemandem zugehört,
alle seine körperlichen und unkörperlichen Sachen"
(§ 353 ABGB); trotz dieser altertümlichen Definition
sind die Bestimmungen über das Eigentum nur auf körperliche
Sachen in vollem Umfang anwendbar (siehe unten: Geistiges
Eigentum);
im subjektiven Sinn als "Befugnis, mit der Substanz und
den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten, und
jeden anderen davon auszuschließen" (§ 354
ABGB). Daher kann der Eigentümer "in der Regel seine
Sache nach Willkür benützt oder unbenützt lassen;
er kann sie vertilgen, ganz oder zum Teile auf andere übertragen,
oder unbedingt sich derselben begeben, das ist, sie verlassen."
(§ 362 ABGB).
Wie im deutschen Privatrecht ist das Eigentum also das dingliche
Vollrecht; gegen Eingriffe kann sich der Eigentümer durch
die Eigentumsklage (rei vindicatio) und die Eigentumsfreiheitsklage
(actio negatoria) zur Wehr setzen (§ 366 ABGB).
Die Grenzen des Eigentums liegen dort, wo in Rechte eines
anderen eingegriffen würde oder im allgemeinen Interesse
erlassene Beschränkungen übertreten würden
(§ 364 Abs 1 ABGB); teilweise sind diese Eigentumsbeschränkungen
im ABGB normiert (beispielsweise Nachbarrecht, Immissionsschutz).
Auch im österreichischen Recht gibt es das Miteigentum
als ideellen Anteil an der ungeteilten Sache (§§
825 ff. ABGB). Eine Sonderform ist das Wohnungseigentum, bei
dem mit einem ideellen Anteil an einer Liegenschaft das ausschließliche
Nutzungsrecht an einer bestimmten abgegrenzten räumlichen
Einheit untrennbar verbunden ist (die Regelungen dazu finden
sich im Wohnungseigentumsgesetz 2002).
Eigentumserwerb
Der Erwerb des Eigentums erfolgt entweder originär (ursprünglich):
Der Eigentumserwerb ist vom Recht eines Vorgängers unabhängig,
das Recht entsteht beim Erwerber völlig neu, wie beispielsweise
bei Aneignung herrenloser Sachen Zuwachs (Verarbeitung, Bauführung,
Separation, Säen) Fund Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten
Ersitzung oder derivativ (abgleitet): Der Erwerber leitet
sein Recht von seinem Vorgänger ab, wie vor allem bei
Erwerb des Eigentums durch Rechtsgeschäft (Kauf, Tausch,
Schenkung, Darlehen, Sicherungsabrede, Auslobung) Scheitert
der derivative Erwerb aufgrund der womöglich erst
später erkannten Nichtberechtigung des Vormannes,
so kann dennoch aufgrund dieses Titels Eigentum erworben werden,
nämlich primär durch Gutgläubiger Erwerb vom
Nichtberechtigten wenn die Voraussetungen des §
367 ABGB, wie beispielsweise Kauf vom befugten Gewerbsmann,
erfüllt sind oder sekundär nach Ablauf der
Ersitzungsfrist (3 beziehungsweise 30 Jahre) durch Ersitzung.
In beiden Fällen erfolgt (unter den jeweiligen Voraussetungen)
originärer Erwerb.
Der Erwerb des Eigentums ist zweiaktig. Erforderlich ist
ein so genannter Titel, das ist vor allem ein Geschäft
oder eine letztwillige Verfügung (beim originären
Eigentumserwerb wird teilweise gelehrt, das Gesetz selbst
bilde den Titel);
eine Erwerbungsart, das ist bei beweglichen Sachen die Übergabe,
bei unbeweglichen in der Regel die Einverleibung des Eigentumsrechtes
im Grundbuch.
Eigentum als geschütztes Rechtsgut
Verfassung
Nach Art 5 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen
Rechte der Staatsbürger von 1867 ist "das Eigentum
[...] unverletzlich. Eine Enteignung kann nur in den Fällen
und in der Art eintreten, die das Gesetz bestimmt." Dem
entsprechend hat auch nach § 365 ABGB ein Eigentümer
sein Eigentum abzutreten, "wenn es das allgemeine Beste
erheischt.", freilich nur gegen angemessene Schadloshaltung.
Dass die Schadloshaltung zwingender Bestandteil der Enteignung
zu sein hat, wird auch aus dem Gleichheitsgrundsatz (Art 7
des Bundes-Verfassungsgesetzes) abgeleitet.
Gestützt auf diese Bestimmungen sieht eine Reihe von
Gesetzen die Möglichkeit einer Enteignung bei Vorliegen
wichtiger öffentlicher Interessen (beispielsweise Bau
von Eisenbahnen, Straßen, Kraftwerk u.s.w.) vor.
Wird in diesen Gesetzen das Verfahren für die Festlegung
der Entschädigung nicht geregelt, setzt das Gericht in
einem Verfahren nach den Bestimmungen der §§ 22
34 des Eisenbahnenteignungsgesetzes die Höhe der
Entschädigung fest.
Strafrecht
Der besondere Schutz des Eigentums zeigt sich auch darin,
dass bestimmte vorsätzliche Verletzungen fremden Eigentums
strafbar sind, vor allem Sachbeschädigung (§§
125 f. StGB), Diebstahl (§§ 127 ff. StGB), Veruntreuung
(§ 133 StGB), Unterschlagung (§ 134 StGB), Dauernde
Sachentziehung (§ 135 StGB), Eingriff in fremdes Jagd-
und Fischereirecht (§§ 137 f. StGB).
Das Wesen des Eigentums
Eigentum ist der Anspruch des Eigentümers an alle anderen
Personen auf Ausübung der tatsächlichen Gewalt über
eine Sache. Es bezieht sich also nicht direkt auf die Sache,
sondern auf den Besitz (das heißt die Ausübung
der tatsächlichen Gewalt über eine Sache) und verhält
sich zu diesem als eine Abstraktion erster Ordnung. Da nun
der Besitz wiederum eine Abstraktion erster Ordnung im Verhältnis
zu der betreffenden Sache ist, ist das Eigentum also eine
Abstraktion zweiter Ordnung im Verhältnis zu der betreffenden
Sache. Der Nutzen dieser Aussage lässt sich allerdings
bezweifeln. Sie lässt auch Aspekte des Eigentums außer
Acht, die nichts mit dem Besitz zu tun haben, zum Beispiel
die Möglichkeit, ein Grundstück mit einer Hypothek
zu belasten.
Geistiges Eigentum
Die Übertragung der Eigentumstheorie auf Immaterialgüter
ist umstritten. Der Begriff "Geistiges Eigentum"
umfasst eher zahlreiche Rechtsgebiete, die zum Teil im Widerstreit
zueinander stehen. Immaterialgüter nehmen immer mehr
an ökonomischer Bedeutung zu. Geregelt werden sie zum
Beispiel in Gesetzen zum Urheber- und Markenschutz, zum Patentrecht
u.ä.
Im Falle des Patentrechtes zeigen sich die Grenzen eines
naturrechtlichen Eigentumsverständnisses, da Patentrechte
nur für bestimmte immaterielle Leistungen und nur über
einen gewissen Zeitraum gewährt werden. Ihr Schutz ist
eher als staatliche Leistung anzusehen, die der Staat gewährt,
um den technischen Fortschritt zum Wohl der Allgemeinheit
zu fördern. Es wäre deshalb verfehlt, Patent- oder
Urheberrechte als Eigentum im engeren Sinne (wie das Sacheigentum)
zu betrachten. Ob unter einem gegebenen Patentrecht verliehene
Patente eigentumsgleiche Rechte darstellen, ist umstritten
und muss für jedes Rechtssystem einzeln geklärt
werden. Nimmt man in Deutschland die verfassungsrechtliche
Definition des Bundesverfassungsgerichts (Eigentum sind vermögenswerte
Rechte des einfachen Rechts), sind immaterielle Rechte Eigentum
i.S.v. Art. 14 Abs. 1 GG, solange sie einen Vermögenswert
haben. Daraus folgt aber noch nicht die Verpflichtung, solche
Rechte auch gewähren zu müssen. Vielmehr hat hier
der Staat einen großen Gestaltungsspielraum und ist
lediglich auf die Gewährleistung eines Kernbereiches
von "Geistigem Eigentum" verpflichtet.
Kennzeichnung
Eigentum wurde oder ist durch so genannte Hausmarken gekennzeichnet.
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